HANAU A GO-GO – WIE DER ROCK´N´ROLL IN EINE
HESSISCHE GARNISONSSTDT KAM...
HANAU A GO-GO dokumentiert die wilde und glamouröse „Big Time“ in Hanau, als die Stadt zwischen den Nachkriegsjahren und den späten 60ern zu einer Hochburg der Jugendkulturen aufstieg, Vergnügungssüchtige aus ganz Deutschland sowie Stars und Sternchen aus der ganzen Welt anlockte und sich so in der kleinen hessischen Garnisonsstadt eine Kulturlandschaft entwickelte, die weit und breit ihres gleichen suchte.
In den Nachkriegsjahren wurden in Hanau über 30.000 amerikanische Wehrpflichtige stationiert, Soldaten aus allen Schichten der Gesellschaft: Neben aufrechten Patrioten und konservativ Gestimmten ebenso viele subkulturell und subversiv geprägte Personengruppen – darunter unzählige Musiker, Künstler, Intellektuelle und Querdenker. Gerade letztere waren es, die der aufbegehrenden Hanauer Jugend wichtige aktivierende Impulse für eine „kulturelle Demokratisierung“ gaben und deren zügelloser Freizeithunger und starker Dollar in der Stadt unzählige Musik-Bars und Nachtclubs wie Pilze aus dem Boden sprießen ließ. Und die wiederum wurden schnell zu willkommenen Anlaufstellen für die sich entwickelnden Hanauer Jugendkulturen – genauso wie für die popkulturelle Prominenz aus dem In- und Ausland, die sich bald auf den Bühnen der Kneipen tummelte. So entwickelte sich in Hanau schnell eine sehr illustre, überregional bedeutsame Musikszene, die kleine Stadt an Main und Kinzig genoss bald bundesweit den sündigen Ruf eines „hessischen St. Pauli“ und stellte damals die benachbarte Großstadt Frankfurt in Bezug auf Kneipendichte und Nachtleben deutlich in den Schatten.
Vor allem war Hanau bundesweit einer der heißesten Tipps in Sachen Rockmusik: Hier ließen bereits Mitte der 50er Jahre ortsansässige Veteranen des Rock´n´Roll wie „Fats & His Cats“, „Jörn & His Twens“ oder die „Gisha Brothers“ die Wände der Rock-Bars erzittern, hier etablierte sich in den frühen 60er Jahren die Hochburg des musikhistorisch einflussreichen „Indo-Rocks“ rings um Bands wie die „Tielman Brothers“ und die „Crazy Rockers“, hier formierte sich die legendäre Prä-Punk Band „The Monks“ aus fünf amerikanischen GIs und revolutionierte bald darauf die gesamte Rockmusik. Daneben tummelten sich Weltstars wie Bill Haley, Chuck Berry, Chris Andrews, Jimi Hendrix und viele andere regelmäßig im schillernden Hanauer Nachtleben. Auf diesem fruchtbaren Nährboden bildeten sich zahllose „Inspirationsketten“, die schließlich auch innovative und bedeutsame regionale Musikgruppen entstehen ließen – wie etwa die Psychedelic-Band „Orange Peel“, die Ende der 60er Jahre eine steile internationale Karriere einschlug.
Für die zeitgenössische Jugend stellten die Hanauer Vergnügungsviertel eine wichtige Plattform zur jugendkulturellen Stilentwicklung, szenespezifischen Selbstinszenierung und der damit verbundenen Abgrenzung gegen andere Lebensstile dar. Das ganze Spektrum der Jugendkulturen traf sich allabendlich in den Strassen der Stadt zum Tanzen und zum Prügeln – untereinander und mit den GIs. Dass das der Obrigkeit ein Dorn im Auge war, dürfte selbstverständlich sein – weder die deutsche Seite noch die Amerikaner waren zimperlich, Reibereien mit der deutschen Polizei und der amerikanischen Militärpolizei alltäglich. Und die Stadtverwaltung schikanierte, kontrollierte und reglementierte bald eifrig die Barbesitzer und ihre Besucher – der brave Bürger sollte wieder seine Ruhe haben. Und die hatte er bald wieder, denn Mitte der 70er war der Spuk sowieso vorbei: Der Vietnamkrieg zu Ende, die amerikanische Wehrpflicht abgeschafft, und mit den wehrpflichtigen GIs ging auch der Rock´n´Roll zurück in sein Heimatland.
HANAU A GO-GO setzt sich aus Zeitzeugeninterviews, zeitgenössischen Film-mitschnitten, Fotos und sonstigen authentischen Dokumenten zusammen. So wird ein plastisches Bild einer stark von amerikanischer Alltags- und Subkultur geprägten Kommune gezeichnet und damit ein Stück Kultur-, Politik- und Zeitgeschichte beleuchtet, das in dieser Form bisher noch keine Beachtung fand. Der Film spannt dabei einen Bogen von den frühen 50er Jahren, als der Rock´n´Roll mit den GIs über den Atlantik in die hessische Garnisonsstadt geschwemmt wurde, bis zu den späten 60er und frühen 70er Jahren, als vor allem die Veränderung innerer Strukturen der U.S. Army und ein restriktives Intervenieren der um die Moral besorgten Stadtväter zu einem schnellen Aussterben der lange prägenden Rockmusikkultur in Hanau führten. Das Thema beinhaltet viele spannende Geschichten von überregionalem Interesse. Es erzählt vom prägenden Einfluss der Amerikaner auf das biedere Nachkriegsdeutschland, vom Entstehen einer vielschichtigen und ausdifferenzierten Popkultur in einer nur oberflächlich entnazifizierten Gesellschaft und es ermöglicht nicht zuletzt spezifische Einblicke in zeittypische, Stil prägende Jugendkulturen und nie gehörte „Insiderstorys“ deren Protagonisten.
HANAU A GO-GO zeigt Zeitzeugeninterviews mit: Helmut Wenske (Hanauer Rock-Legende, Autor & Maler), Jörn Rauser (Sänger der Band „Jörn & The Twens“), Eugen W. Krammig (Szenekenner & ehemaliger Roadie, u.a. von „Pink Floyd“), Karl-Heinz Augustin (Musiker & ehemaliger „Existenzialist“), Leslie Link (Gitarrenhändler & Musiker, u.a. bei „Orange Peel“), Werner Kurz (Szenekenner & Kulturredakteur beim „Hanauer Anzeiger“), Rudolf Kittner (Schallplattensammler und Musikexperte), Louis van Herpen („Indo-Rock“-Experte und Musiker, u.a. „Oety & His Real Rockers“), Robsie Richter (Verleger, Kult-Autor & Musiker, u.a. bei „The Riotears“), Reverend Schulzz (Konzertveranstalter & Musiker, u.a. bei „The Crow“)
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